Der Frauenring Oberursel erlebte eine mitreißende Theateraufführung in Worms

Geschrieben von Brigitte Geißler-Burschil

Was für eine Kulisse. Von der Tribüne, die mehr als 1.400 Zuschauern Platz bietet, fällt der Blick genau auf die markante Nordseite des Doms zu Worms. Das großartige Bauwerk romanischer Kirchenbaukunst und Grablege von Königen aus dem Geschlecht der Salier ist bei den Nibelungenfestspielen Teil der Kulisse, wird in das blutige Gemetzel auf der Bühne mit einbezogen. Durch zwei große Kirchenfenster über die weiße Leinwände gespannt ist. Auf sie wird das Geschehen direkt projiziert, auch in den hintersten Reihen ist das Blut, das ständig aus der Brust des toten Helden Siegfried quillt, detailgenau zu erkennen. Auf der Bühne wurde dazu eine außergewöhnlich echt wirkende Puppe aufgebahrt, von der sich seine versteinert trauernde Witwe Kriemhild nicht losreißen kann. Zwei Kameraleute bewegen sich immer ganz nah bei den Akteuren, dazu gibt es noch Bilder einer festinstallierten Kamera. Gezeigt wurde an diesem lauschigen Abend das Stück „Der Diplomat“ aus der Feder von Feridun Zaimoglu und Günther Senkel. Uraufführung war am 12. Juli unter der Regie von Roger Vontobel. Das Autorenduo konnte bereits vor einigen Jahren in Worms mit „Siegfrieds Erben“ einen großen Erfolg feiern.

Zum ersten Mal hatten sich die Damen des Frauenrings, es waren auch zwei Herren dabei, zu den Nibelungenfestspielen auf den Weg gemacht. Jahrelange waren sie regelmäßig nach Bad Hersfelder aufgebrochen und hatten dort beeindruckende Aufführungen miterlebt. Jetzt stand Worms auf dem Programm und diese Reise hat sich wirklich gelohnt. Im Jahr 2002 wurden die Festspiele in Worms ins Leben gerufen. Sie entwickelten sich rasch zu einer Erfolgsgeschichte. Das Theaterereignis vor dem Wormser Dom zieht seitdem tausende von Menschen in seinen Bann. Seit 2015 ist der preisgekrönte Filmproduzent Nico Hofmann Intendant. Ihm ist es gelungen, Worms zu einer Stätte von qualitativ hochwertigen Uraufführungen zu machen, die das Nibelungenthema immer wieder von neuen Seiten beleuchten und vertiefen.

Das Geschehen auf der Bühne zog auch die Reisegruppe aus Oberursel mächtig in den Bann. Es ging nicht nur um die Geschichte Dietrichs von Bern und der Nibelungen um König Gunther, seiner Gattin Brunhild, seinen Brüdern Gernot und Giselher und ihren Oheim Hagen von Tronje, sondern um die Frage, was tun, wenn Frieden keine Lösung mehr ist. Laut Programmheft ist es „Die Lehre von der Unausweichlichkeit eines Krieges, als Metapher einer unauflösbaren Machtkonstellation und die unerkannte Gefahr eines schmutzigen Deals“ Das Ensemble kämpfte sich bewegend durch den blutigen Morast auf und um die Bühne herum und erhielt zum Schloss tosenden Applaus. Diese Aufführung wurde von allen Kritikern hoch gelobt. Es wirkten bekannte Darsteller mit, darunter Thomas Loibl, Franz Pätzold, Christoph Franken, oder starke Frauen wie Jasna Fritzi Bauer, Yohanna Schwertfeger und Martha Kizyma.

Der stimmungsvoll illuminierten Heylshofpark mit seinem romantischen, außergewöhnlichen Ambiente war ein wunderbarer Erholungsort in der Pause. Bei der Rückfahrt sorgte das aufregende Theaterereignis noch für viel Gesprächsstoff, erst nach Mitternacht kamen alle wieder wohlbehalten in Oberursel an.